Sarkasmus

Es gibt Tabus, die zu brechen nicht nur geschmacklos, sondern zutiefst unmoralisch ist.
Dazu gehört der Vergleich zwischen industrieller Massentierhaltung und dem Holocaust.
Dieser Analogie begegnet man immer wieder in radikal-veganen Kreisen – als vermeintlich schockierendes Mittel, um auf Tierleid aufmerksam zu machen, doch wer die systematische Vernichtung von Millionen Menschen mit der Schlachtung von Nutztieren gleichsetzt, verkennt nicht nur die historische Dimension des Holocaust, sondern verhöhnt die Opfer und ihre Nachkommen auf unerträgliche Weise.
Der Holocaust war kein „Tierleid”. Er war Menschenvernichtung aus Hass.
Die nationalsozialistische Mordmaschinerie zielte auf völlige Auslöschung ab.
Jüdische Familien, Homosexuelle, politisch Verfolgte und andere Opfergruppen wurden nicht getötet, weil sie einen „wirtschaftlichen Zweck” erfüllten, sondern weil sie als „minderwertiges Leben” galten, das ausgerottet werden musste.
Kinder wurden vor den Augen ihrer Eltern erschossen, Menschen wie Versuchsobjekte missbraucht, ganze Familien in Gaskammern gejagt.
Dies mit der Schlachtung von Tieren zu vergleichen, ist nicht nur historisch ignorant, sondern moralisch pervers.
Tierleid ist real – aber es ist kein Genozid.
Natürlich ist Massentierhaltung grausam.
Ja, industrielle Schlachtmethoden sind oft barbarisch.
Und selbstverständlich darf und muss man das kritisieren, doch daraus eine Gleichsetzung mit dem Holocaust abzuleiten, ist kein Akt des Mitgefühls, sondern der Verrohung.
Tiere werden nicht aus ideologischem Vernichtungswahn getötet, sondern – so brutal es klingt – als Nahrungsmittel.
Das macht ihr Leid nicht akzeptabel, aber es macht es zu etwas grundlegend anderem als dem, was in Auschwitz, Treblinka oder Sobibor geschah.
Wer Menschen mit Tieren gleichsetzt, verliert jede moralische Glaubwürdigkeit.
Jede Spezies hat ein natürliches Überlebensinteresse – der Mensch ist dabei keine Ausnahme.
Es ist biologisch und ethisch nachvollziehbar, dass wir menschliches Leben höher gewichten als tierisches.
Wer das bestreitet und stattdessen behauptet, ein Huhn in einer Legebatterie erleide „dasselbe” wie ein Kind im Warschauer Ghetto, hat nicht nur ein zynisches Geschichtsverständnis, sondern auch ein gestörtes Verhältnis zur Realität.
Solche Vergleiche dienen nicht der Aufklärung, sondern nur der provokativen Selbstgerechtigkeit.
Ein fiktiver Dialog, der zeigt, warum diese Debatte nicht führbar ist.
Die Diskussion auf dem Wochenmarkt brodelt schon eine Weile, als der Veganer plötzlich den Raum mit einem Satz zum Schweigen bringt:
Veganer: „Ihr regt euch über die Nazis auf, aber was in den Schlachthöfen passiert, ist genau wie der Holocaust – nur dass es heute noch läuft!„
Die Luft bleibt stehen.
Jemand, dessen Großeltern in Auschwitz waren, wirkt, als hätte er gerade eine Faust ins Gesicht bekommen.
Dann kommt die Antwort, langsam, mit eisiger Klarheit:
Gegenüber: „Meine Oma wurde als Kind von ihrer Familie gerissen und in einen Viehwaggon gepfercht. Sie wusste, dass sie vergast werden würde, wenn sie nicht mehr arbeiten konnte. Und du vergleichst das mit einem Schwein im Stall?„
Veganer: „Aber die Systematik, die Industrie dahinter—„
Gegenüber: „Hör auf. Menschen wurden ermordet, weil sie als Ungeziefer galten. Nicht für Schnitzel, sondern weil man sie hasste. Wenn du das nicht verstehst, hast du nicht nur von Geschichte keine Ahnung – sondern auch von Anstand.„
Der Veganer will weitersprechen, doch der Raum hat sich längst abgewandt.
Manche Dinge sind nicht diskutabel.
Der Holocaust war kein „Vergleichbares Ereignis”.
Er war der Abgrund der Menschlichkeit.
Und wer ihn instrumentalisiert, um Tierrechtspropaganda zu machen, hat nicht nur jedes Maß verloren – er hat auch verloren.
Es gibt Grenzen der Debatte, und die sind hier überschritten.
Tierschutz ist wichtig.
Aber wer den Holocaust dafür heranzieht, um seine Argumente aufzuwerten, betreibt keine Aufklärung, sondern Geschichtsrevisionismus schlimmster Art.
Solche Vergleiche sind nicht „radikal”, nicht „provokant”, nicht „tabubrechend” – sie sind schlicht das Letzte.
Und wer sie verwendet, sollte sich nicht wundern, wenn ihm niemand mehr zuhört.

Der heilige Rausch
Betrachtungen zum Hochamt des Bollerwagens
Einmal im Jahr, wenn der Frühling die Biergärten auftaut und die Vögel ahnungslos weiter zwitschern, bricht er an: der „Männertag” oder „Vatertag” – jenes Ritual aus archaischen Zeiten, das uns eindrucksvoll beweist, wie tief verwurzelt der Homo sapiens im emotionalen Feuchtbiotop seiner Vorfahren steckt.
Es ist der Heilige Feiertag des heiligen Vollrauschs, das Vatikanische Konzil der Hopfenjünger, der Urknall der Testosteronromantik.
Und es kommt immer schlimmer, als man sich erinnern kann.
Mit martialischer Entschlossenheit und feuchten Augen der Vorfreude ziehen sie aus, die Pilger der Prostata: ausgerüstet mit Bollerwagen, Bierkästen und einer Vorstellung von Männlichkeit, die irgendwo zwischen Bud-Spencer-Filmmarathon und einem Werbeclip von 1963 stehen geblieben ist.
Was fehlt, sind nur noch die Keulen, das Lendentuch und der Grunzer als sprachliche Einheit.
Aber wer braucht schon Worte, wenn man auch in Flaschen kommunizieren kann?
Das Ziel? Unklar. Der Weg? Flüssig.
Der Weg ist das Ziel, das Ziel ist der Weg – Hauptsache, es knallt.
Kilometer um Kilometer ziehen sie durch Wälder, Wiesen und Wohnsiedlungen, ihre Routen verlaufen frei nach Schnapsnase und GPS-Glück, unterbrochen nur von strategisch wichtigen Tankstellen und tragischen Stürzen über die eigenen Füße.
Und natürlich darf er nicht fehlen, der unvermeidliche Moment, in dem mindestens ein Teilnehmer würdevoll seinen Mageninhalt ins Gebüsch übergibt – eine Art ritueller Reinigung, die offenbar zum spirituellen Kern dieser Festivität gehört.
Was an anderen Tagen als „öffentliches Ärgernis“ oder „Belästigung“ durchgeht, wird an diesem einen Tag zur Kulturleistung erhoben.
Wo sonst Alkoholprobleme Anlass zur Sorge geben, ist nun das gezielte Trinken bis zur Selbstverleugnung ein Ehrenkodex.
Der Blutalkoholspiegel ist das Maß aller Dinge, der IQ ein vernachlässigbarer Kollateralschaden.
Derjenige, der am längsten lallt, hat gewonnen – auch wenn niemand mehr weiß, worum es ging.
Feuchtfröhlich ins Patriarchat
Doch halt!
Der „Männertag!” oder „Vatertag” ist mehr als nur Trunkenheit auf Achse.
Er ist eine Art Rücksturz in ein Paralleluniversum, in dem der Mann noch Mann sein darf – also laut, stinkend und emotional nur in Form von Schreiduellen und Schubsern auffällig.
„Männerfreundschaft“ äußert sich hier in Schulterklopfern, die an Körperverletzung grenzen, und im gemeinsamen Urinieren gegen den Wind.
Die Zivilisation bleibt zu Hause, während der primitive Reflex spazieren geht.
Natürlich könnte man den Tag auch als echten „Vatertag” begehen, also wirklich: Väter ehren, Verantwortung feiern, vielleicht mit der Familie grillen und die Kinder hochleben lassen.
Aber das wäre ja fast schon ein gesellschaftlicher Beitrag – und der passt schlecht in den Bollerwagen.
Stattdessen wird die Männlichkeit gefeiert, wie sie die Werbeindustrie von Biermarken in den 60ern definiert hat: mit Hopfen, Hau-drauf-Humor und einem Selbstbild, das irgendwo zwischen Cowboy und Bauarbeiter schwankt.
Das Morgen danach: ein Kater und kein Königreich
Und dann kommt das bittere Erwachen – wortwörtlich.
Der nächste Morgen bringt nicht nur Kopfschmerzen, sondern auch die leise Ahnung, dass die „großartige Tour“ in Wahrheit eine kreisförmige Wanderung um den nächsten Parkteich war.
Der Heldenmut weicht der Migräne, der Gruppenzusammenhalt der gegenseitigen Funkstille.
Die leeren Flaschen bleiben zurück wie Artefakte einer untergegangenen Kultur, in der es einst hieß: „Einer muss noch gehen!“
Doch keine Sorge – in genau einem Jahr ist es wieder so weit.
Dann heißt es wieder: „Prost, Männlichkeit!”
Die Tradition lebt weiter, solange es Bier, Bollerwagen und das Bedürfnis gibt, sich an einem einzigen Tag so daneben zu benehmen, dass es für die restlichen 364 reicht.
Denn wenn der Pegel mehr zählt als der Verstand, ist der Männertag nicht nur ein Feiertag – er ist eine warnende Legende auf zwei Beinen.

Exklusiv: Wir verschenken unsere Persönlichkeitsrechte – weil Kommerz ja schließlich Ehre ist!
Wir haben gerade beschlossen, dass Privatsphäre ein überbewertetes Konzept ist.
Liebe Konzerne, liebe Datenkraken, liebe Sammler menschlicher Würde in algorithmischer Form,
heute ist ein großer Tag für uns alle – denn wir haben beschlossen, endlich unsere restlichen Skrupel über Bord zu werfen und euch uneingeschränkten Zugriff auf unser Leben zu gewähren. Warum sollten wir auch etwas für uns behalten, wenn es doch viel lukrativer ist, jeden noch so peinlichen Schnappschuss, jedes unbedachte Wort und jede unvorteilhafte Körperhaltung in monetarisierbare Content-Schnipsel zu verwandeln?
Unsere Gesichter für Tiefkühl-Lasagne – weil Authentizität hungrig macht
Hiermit erteilen wir der Firma Meta offiziell die Erlaubnis, unsere müden, ungeschminkten Morgen-Gesichter auf die Verpackung von Tiefkühl-Lasagne zu drucken.
Nicht weil wir besonders gut aussehen (ganz im Gegenteil), sondern weil wir der festen Überzeugung sind, dass Verbraucher beim Tiefkühlregal genau das sehen wollen: Menschen, die aussehen, als hätten sie ihre letzte bisschen Lebensfreude zwischen zwei Schichten geschmolzenen Käses verloren.
- Marketing-Slogan-Vorschlag: „Unsere Lasagne – so lecker, dass selbst diese enttäuschten Gesichter sie essen!“
- Bonus-Feature: Sollte die Lasagne matschig sein, können Kunden sich trösten, indem sie unseren Gesichtern direkt in die Augen schauen und erkennen: „Ah, diese Menschen haben auch schon Schlimmeres überlebt.“
Jogginghosen-Selfies als Raststätten-Kunst – Hochkultur für müde LKW-Fahrer
Weiterhin erlauben wir Meta, unsere Jogginghosen-Selfies als Kunstinstallation in Autobahnraststätten auszustellen.
Nicht etwa, weil diese Fotos künstlerisch wertvoll wären, sondern weil sie perfekt die Essenz moderner Existenz einfangen: schlaffe Bequemlichkeit, gepaart mit der resignierten Akzeptanz des eigenen Verfalls.
- Ausstellungstitel: „Wir gingen joggen – im Geiste“
- Standort: Direkt neben dem verdreckten Kaffeeautomaten, wo sie ihre wahre Wirkung entfalten können.
- Interaktives Element: Besucher dürfen die Bilder mit Currywurst-Soße bewerfen – als Metapher für das eigene Lebensgefühl.
Amazon darf unsere nächtlichen Sprachmemos vertonen – Schlafentzug als Podcast
Doch warum bei Bildern aufhören?
Wir räumen Amazon das vollumfängliche Recht ein, unsere halbdelirischen Sprachaufnahmen aus dem Halbschlaf als Meditations-Podcast zu veröffentlichen – und zwar exklusiv auf Kassette, weil nichts beruhigender ist als das Rattern eines veralteten Mediums, während eine verwaschene Stimme murmelt: „…warum ist der Kühlschrank so laut… wer hat die Katze besteuert… wir sollten wirklich mal unsere Lebensentscheidungen überdenken…“
- Target Audience: Menschen, die ASMR zu aufregend finden und stattdessen echte geistige Umnachtung bevorzugen.
- Premium-Abo: Für nur 9,99 €/Monat gibt’s zusätzlich unsere Schnarchgeräusche in Dolby Surround.
Warum wir das tun? Aus reiner Großzügigkeit! (Und totaler Verzweiflung)
Man könnte meinen, wir hätten uns einfach damit abgefunden, dass wir ohnehin keine Kontrolle mehr über unsere Daten haben – aber nein! Das hier ist eine bewusste, proaktive Entscheidung. Wenn wir schon ausgebeutet werden, dann wenigstens mit Stil. Und wer weiß? Vielleicht werden wir ja zum Kult-Phänomen, den postmodernen Warhol’schen Superstars des digitalen Zeitalters:
- Die Leute, deren Gesichter für Fertiggerichte stehen.
- Das Paar, dessen Jogginghosen-Fotos Trucker zum Weinen bringen.
- Die Stimmen, die eine Generation in den Schlaf – oder Wahnsinn – lullt.
Fazit: Willkommen in der Zukunft – wo alles Content ist, und wir nur noch NPCs in unserem eigenen Leben
Falls ihr auch eure Reste an Privatsphäre verscherbeln wollt, meldet euch bei uns. Wir vermitteln gerne an die passenden Konzerne. Zusammen können wir es schaffen, dass kein noch so unbedeutender Moment unseres Daseins unmonetarisiert bleibt.
Die Zukunft ist jetzt, alte Freunde. Und sie ist… verdammt weird.
[Disclaimer: Dieser Text ist satirisch. Oder etwa doch nicht? Hey, Meta, falls ihr das lest – wir nehmen auch Bitcoins.]

Die Schule – jener wunderbare Ort, an dem wir stundenlang Matheaufgaben über Verpackungen lösten:
Wie berechnet man die Materialmenge so, dass eine Verpackung möglichst effizient ist?
Effizient, sagten sie, weil das eine Fähigkeit sei, die wir später ganz dringend im Leben brauchen würden.
Schließlich will ja niemand unnötig Ressourcen verschwenden, oder?
Fast schon ironisch, dass uns genau dieses Wissen heute überhaupt nicht hilft, wenn wir riesige Kartons voller Luft auspacken.
Denn so läuft das im echten Leben:
Ein Postpaket kommt an, voluminös, beeindruckend – und in der Mitte dieses mächtigen Kartons, nach Bergen von Schaumstoff-Chips, entdecken wir unser kleines Objekt der Begierde.
Ein USB-Stick, ein Kopfhörer, vielleicht eine Packung Batterien.
Das „Verpackungsmaterial effizient nutzen“ scheint in der Realität eher zu bedeuten:
Maximale Kartongröße, minimaler Inhalt.
Aber gut, das waren wohl die unschätzbaren Lektionen unserer Schulzeit, mit denen wir auf den Alltag vorbereitet wurden.
Minimale Materialverschwendung?
Effizienz?
Pah!
Das waren nur idealistische Träumereien, die man in den Mathematikraum eingeschlossen hat, um sie nie wieder herauszulassen.
Stattdessen stehen wir heute staunend vor Paketen, die uns mit ihrer Leere förmlich ins Gesicht lachen.
Die edlen Berechnungen von früher?
In der Praxis ersetzt durch endlose Mengen dieser wunderbaren, weißen oder gelben Schaumstoff-Chips.
Luft mit Flair, quasi.
So viel zur Schulweisheit, dass wir „Verpackungsberechnungen“ später noch brauchen würden.
Tatsächlich haben wir gelernt, dass Verpackungen im Alltag eigentlich nur drei Aufgaben haben:
- beeindruckend groß sein,
- möglichst wenig enthalten, und
- den Empfänger nach dem Öffnen verwirrt zurücklassen.
Effiziente Raumnutzung?
Vielleicht im Mathebuch, aber doch nicht im echten Leben!
Nein, dort gelten andere Gesetze:
Hauptsache, der Kunde kriegt einen großen Karton – und die Erkenntnis, dass man eben nicht alles glauben darf, was einem in der Schule beigebracht wird.

Wichtige Durchsage: Verletzungen bitte nur vormittags und homöopathisch geeignet!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
aus aktuellem Anlass und zur allgemeinen Aufklärung eine kleine, aber sehr bedeutende Notiz bezüglich unserer betrieblichen Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien: Unsere Erste-Hilfe-Beauftragte ist ab sofort – oder besser gesagt ausschließlich – vormittags im Einsatz! Die moderne Medizin geht halt auch mit der Zeit, und da gehört der Teilzeit-Rettungsdienst für Teilzeit-Verletzungen selbstverständlich dazu.
Unsere Kollegin hat zudem eine sehr individuelle Berufung: Neben ihrer unersetzlichen Vormittags-Rettungsmission hier im Betrieb unterstützt sie nachmittags und vermutlich auch abends all jene, die sich lieber mit der Heilkraft der Natur therapieren lassen möchten. Wir sind also doppelt versorgt! Aber da ist ein kleiner, aber feiner Haken, den man keinesfalls ignorieren sollte:
Verletzungen werden nur dann behandelt, wenn sie sich
a) vormittags ereignen und
b) mit Globuli heilen lassen.
Denn alles andere fällt unter den Bereich der klassischen Schulmedizin – und die ist außerhalb der Dienstzeiten einfach nicht verfügbar.
Sollte also jemandem von euch die unbändige Lust auf ein gebrochenes Bein oder einen verstauchten Knöchel kommen, möge man bitte folgendes beachten:
- Unfallzeitpunkt sorgfältig planen:
Möglichst zwischen 8 und 12 Uhr.
Eine Verspätung kann hier ernsthafte Konsequenzen haben, da ab 12 Uhr bereits der Übergang in die naturheilkundliche Dienstleistung stattfindet.
Dann bleibt nur noch der Tipp: Augen zu und durch bis zum nächsten Vormittag! - Art der Verletzung:
Ein kleiner Hinweis: Was auch immer ihr euch antut, es sollte in einer Größenordnung liegen, die sich mit ein paar Kügelchen lösen lässt.
Globuli sind klein und fein und mögen am liebsten Beschwerden, die sich nicht in Form eines Gipsverbandes äußern.
Also, Finger weg von komplizierten Knochenbrüchen, ausgekugelten Gelenken oder gar schwerem Blutverlust.
Was zählt, ist eine sanfte Verletzungsanamnese. - Der Glaube versetzt Berge – und hilft bei Verletzungen!:
Wir empfehlen dringend, an die Kraft der kleinen Kügelchen zu glauben.
Da unsere Ersthelferin ihr Heilwissen mit viel Hingabe auf den Vormittag konzentriert, setzt sie auf Selbstheilungskräfte, die nur so richtig in Gang kommen, wenn das innere Gleichgewicht und die positiven Energien stimmen.
Sollte also ein Asthma-Anfall drohen, bleibt gelassen – und atmet ruhig durch, denn schließlich heilt uns der Glaube an das Globuli!
Einige Kolleg*innen konnten die glorreiche Vormittags-Präsenz unserer Heilpraktikerin bereits genießen:
Die Dame aus der Buchhaltung kam einst mit einem leichten Schürfwundenanflug.
Ein Blick, ein paar beruhigende Worte und – schwupp – ein Kügelchen für die Seele.
Zehn Minuten später strahlte sie wie nie zuvor und versicherte uns, dass ihr Herz zwar schneller schlägt, aber aus reiner Freude an dieser Gesundheitsversorgung.
Abschließend möchten wir euch noch darauf hinweisen, dass wir natürlich die rein dienstliche Behandlungszeit schätzen.
Schließlich steht es außer Frage, dass die Globuli nur innerhalb der gesetzlichen Vormittags-Arbeitszeit ihre volle Wirkung entfalten können.
Wir danken für euer Verständnis und sind uns sicher:
Mit diesen kleinen Anpassungen werdet ihr alle stets wohlversorgt und voller Lebensenergie durchs Büro flanieren – selbst wenn die mittägliche Kaffeetasse euch gelegentlich aus dem Gleichgewicht bringt.
Also, liebe Kolleg*innen:
Bleibt heiter, bleibt vorsichtig und denkt daran – Verletzungen am besten morgens, homöopathisch orientiert und in allerbester Balance mit der Natur!

Saskia steht am Rande eines idyllischen Waldwegs und zückt ihr Smartphone.
Ein alter hölzerner Wegweiser ragt aus dem Boden, verwittert, charmant, von Moos überzogen – ein Motiv, wie gemacht für ein atmosphärisches Foto.
Sie hält das Handy hoch, tippt einmal auf den Bildschirm, klick.
Schon ist das Bild im Kasten.
Doch beim späteren Betrachten fällt auf: Der Richtungspfeil auf dem Schild, das eigentliche Informationszentrum des Motivs, ist nur zur Hälfte im Bild.
Der Bildausschnitt ist unbedacht gewählt, der Rahmen knapp, der Fokus beliebig.
Dennoch postet Saskia das Foto mit stolzgeschwellter Brust und dem Hashtag „#FotografieLiebhaberin”.
Die Reaktionen ihrer Follower sind enthusiastisch – nicht wegen der Komposition, sondern wegen des Blau-Filters.
In einer Zeit, in der nahezu jeder ein Smartphone mit hochauflösender Kamera in der Tasche trägt, ist der Begriff „Fotograf“ zunehmend entwertet worden.
Was früher eine Kunstform war, für die man sich jahrelang Technik, Komposition und das Spiel mit Licht und Schatten aneignen musste, ist heute oft zur bloßen Betätigung des Auslösers verkommen.
Viele, die tagtäglich unzählige Fotos machen, halten sich selbst für begnadete Fotografen – nicht etwa, weil sie besondere Bilder schaffen, sondern schlicht, weil sie viele machen.
Die digitale Bilderflut hat die Schwelle zum „Ich-bin-Fotograf“-Status drastisch gesenkt.
Auf sozialen Netzwerken reicht ein ästhetischer Filter, ein verschwommenes Bokeh oder ein „zufälliger“ Sonnenuntergang im Hintergrund, um den Eindruck von Professionalität zu erwecken.
Dabei wird oft übersehen, was ein gutes Foto tatsächlich ausmacht: Bildkomposition, Tiefenschärfe, der bewusste Einsatz von Linien, Farben und Perspektiven – und nicht zuletzt das Gespür für den richtigen Moment.
Kritisch fällt auf, dass viele dieser Möchtegern-Fotografen zentrale Grundregeln der Bildgestaltung ignorieren oder gar nicht kennen.
Relevante Elemente werden achtlos angeschnitten, der Goldene Schnitt bleibt ungenutzt, und statt eines klaren Motivs gibt es visuelles Chaos.
Hauptsache, der Auslöser klickt – egal ob das Resultat dem Betrachter etwas erzählt oder nicht.
Dass gerade am Rand eines Bildes die visuelle Balance entschieden wird, interessiert scheinbar kaum jemanden.
Es ist ein Dilettantismus, der oft durch teure Ausrüstung oder technische Spielereien kaschiert werden soll.
Der Irrtum liegt in der Annahme, dass Quantität, Technik oder Preis die Qualität ersetzen können.
Doch wahre Fotografie beginnt nicht mit dem Kauf der neuesten Kamera, sondern mit dem bewussten Sehen.
Es geht darum, den Blick zu schulen, Bedeutung zu erkennen und eine Geschichte im Bild zu erzählen.
Ein wirklich guter Fotograf kann mit einem simplen Handyfoto mehr Emotionen und Ästhetik transportieren als ein Hobby-Knipser mit einer 3000-Euro-Spiegelreflexkamera.
Natürlich muss sich Fotografie weiterentwickeln und darf demokratisch sein – sie soll nicht elitär sein.
Aber wenn jeder, der wahllos auf den Auslöser drückt, sich als „Fotograf“ bezeichnet, verliert der Begriff seine Bedeutung.
Wie in jeder Kunstform sollte auch hier gelten: Qualität vor Quantität.
Und vor allem: Demut vor dem Handwerk.
Denn am Ende zählt nicht, wie viele Bilder jemand schießt – sondern ob eines davon im Gedächtnis bleibt.
Saskia postet unter ihr halbes Wegweiserschild ein Zitat von Ansel Adams:
„Ein gutes Foto ist ein Foto, das man länger als eine Sekunde anschaut.“
Sie bekommt 28 Likes.
Niemand merkt, dass der Pfeil fehlt.

Oh, wie herrlich ist doch die Zeit, in der wir leben!
Eine Ära, in der junge Menschen mit einer Verve, die an mittelalterliche Kreuzzüge erinnert, alles und jeden „normalisieren“ wollen.
„Lasst uns das normalisieren!“, rufen sie, während sie mit erhobenem Smartphone durch die digitalen und analogen Gefilde ziehen.
Ob es nun darum geht, Socken in Sandalen zu tragen, drei Tage lang dasselbe T‑Shirt anzuziehen oder öffentlich über die Konsistenz des eigenen Stuhlgangs zu diskutieren – alles muss „normalisiert“ werden.
Doch wehe, man fragt nach, was dieses mystische „Normalisieren“ eigentlich bedeutet.
Dann herrscht plötzlich Stille, begleitet von einem verwirrten Blinzeln, das an einen Goldfisch erinnert, der gerade realisiert hat, dass sein Glas keine WLAN-Verbindung hat.
„Normalisieren“, dieses wunderbare Zauberwort, scheint eine Art Allzweckwaffe zu sein, die jede Diskussion beendet, bevor sie überhaupt beginnt.
Es ist, als hätte die Generation Z einen linguistischen Schweizer Taschenmesser entdeckt:
Es schneidet, sägt und öffnet Dosen – aber keiner weiß so recht, wie es funktioniert.
„Wir müssen es einfach normalisieren, dass man im Bus lautstark seine Therapiegespräche führt!“, verkündet jemand auf TikTok, während die Kamera dramatisch auf die eigene Stirn zoomt.
„Normalisieren wir, dass man im Meeting weint!“
„Normalisieren wir, dass man Pizza zum Frühstück isst!“
Großartig, wirklich. Aber was genau bedeutet das?
Ist „normalisieren“ ein Aufruf, etwas zur gesellschaftlichen Norm zu erheben?
Ein Plädoyer für Akzeptanz?
Oder einfach ein hipper Code für „Ich will das machen, ohne schief angeschaut zu werden“?
Die Antwort bleibt nebulös, wie ein Instagram-Filter, der alles in pastellfarbenen Nebel taucht.
Wenn man dann die Frechheit besitzt, nachzuhaken – „Ähm, könntest du mal erklären, was du mit ‚normalisieren‘ meinst?“ –, passiert etwas Magisches:
Die Gesprächspartnerin runzelt die Stirn, als hätte man sie gebeten, die Relativitätstheorie in 280 Zeichen zusammenzufassen.
„Na, du weißt schon … Normalisieren halt! Dass es eben … normal wird!“
Aha.
Natürlich.
Wie dumm von einem, das nicht sofort zu erfassen.
Es ist ja auch völlig logisch, dass „normalisieren“ bedeutet, etwas „normal“ zu machen.
Warum hat Kant das nicht schon in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ erwähnt?
Wahrscheinlich war er nicht „woke“ genug.
Das Ironische an der Sache ist, dass der Begriff „normalisieren“ oft genau das Gegenteil bewirkt.
Statt Akzeptanz zu fördern, wird er zu einer Art moralischer Keule, mit der man andere in die Unterwerfung prügelt.
„Wenn du das nicht normalisierst, bist du Teil des Problems!“, heißt es dann.
Dabei bleibt unklar, ob „das“ nun das Tragen von Crocs im Büro ist oder das Posten von Selfies mit dem eigenen Smoothie-Bowl-Frühstück.
Der Begriff wird inflationär eingesetzt, bis er jegliche Bedeutung verliert – ein bisschen wie die Worte „episch“ oder „krass“ in den frühen 2000ern.
Alles ist normalisierbar, also ist nichts mehr besonders.
Gratuliere, liebe Jugend, ihr habt die Semantik erfolgreich in den Ruhestand geschickt.
Und doch, man muss es ihnen lassen:
Die „Normalisierungs“-Bewegung hat etwas herrlich Absurdes.
Sie ist ein Spiegel unserer Zeit, in der jeder mit einem Social-Media-Account glaubt, die Gesellschaft mit einem Schlagwort umkrempeln zu können.
Warum sich mit komplexen Diskussionen über kulturelle Normen, soziale Dynamiken oder psychologische Barrieren abmühen, wenn man einfach „Normalisieren!“ rufen und sich wie ein Revolutionär fühlen kann?
Es ist effizient, es ist trendy, und es erfordert keinerlei Nachdenken.
Perfekt für eine Generation, die zwischen zwei Reels keine drei Sekunden Aufmerksamkeitsspanne übrig hat.
Vielleicht sollten wir einfach aufhören, nach der Bedeutung zu fragen.
Vielleicht ist „normalisieren“ gar kein Verb, sondern ein Lebensgefühl – ein diffuser Ruf nach Freiheit, Akzeptanz und dem Recht, im Jogginganzug zur Arbeit zu gehen, ohne dass die Kollegin die Augenbraue hebt.
Oder vielleicht ist es einfach nur ein weiteres Wort, das die Jugend gekapert hat, um die Alten zu verwirren.
In dem Fall: Mission erfüllt.
Normalisiert das Chaos, liebe Generation Z, aber bitte – erklärt es uns irgendwann.
Wir Alten von der Generation X sind ein bisschen langsam und brauchen eine Bedienungsanleitung.

In der modernen Welt hat sich eine eigenartige Sucht breitgemacht: die permanente Erreichbarkeit.
Wer einmal auf das ständige Handy-Geklingel, die aufblinkenden Nachrichten oder die E‑Mails, die im Sekundentakt eintreffen, konditioniert ist, scheint nicht mehr ohne leben zu können.
Diese dauerhafte Verbindung zur digitalen Welt hat jedoch nicht nur den Alltag revolutioniert, sondern auch zu sonderbaren und teils absurden Verhaltensweisen geführt.
Stellen wir uns folgende Szene vor:
Ein Mann steigt ins Taxi, tippt wie selbstverständlich auf seinem Handy herum – oder telefoniert – und murmelt beiläufig „Hackstraße 20, Stuttgart”.
Der Fahrer soll nun wissen, dass dies nicht nur ein Satz ist, sondern die Aufforderung, genau dorthin zu fahren – ohne dass der Mann ihn dabei ansieht oder seinen Blick auch nur einen Augenblick vom Display hebt.
Es scheint, als hätte die Vorstellung, dass man immer online ist, den Kontakt zu realen Menschen entbehrlich gemacht.
Oder wir finden uns in einem Supermarkt wieder, an der Kasse.
Die Kassiererin scannt routiniert die Waren eines Kunden, der währenddessen ein Telefonat führt und sich kaum rührt.
Sie fragt, wie er bezahlen möchte, aber er spricht nur weiter ins Telefon und erwartet dennoch, dass sie irgendwie bemerkt, dass er mit Karte bezahlen will – vermutlich durch die Art, wie er das Portemonnaie in der Hand hält.
Eine wortlose Interaktion, in der jede Kommunikation über Handzeichen und Blicke erfolgt, statt über Worte.
Als würde das reale Leben um ihn herum zum Hintergrundrauschen in einem endlosen Strom digitaler Signale.
In Cafés sieht man Menschen nebeneinander sitzen, jeder in seine eigene digitale Welt vertieft, kaum ein Wort wird gewechselt.
Auf der Straße sieht man Fußgänger, die blindlings mit gesenktem Kopf in ihr Handy starren, selbst wenn sie eine Straße überqueren.
Die Sucht, immer erreichbar zu sein, hat sie ihrer eigenen Wahrnehmung beraubt.
Alles, was jenseits des Handybildschirms existiert, wird als unwichtig, ja sogar störend empfunden.
Dieses Verhalten lässt sich an fast jedem Ort beobachten.
In Arztpraxen, Wartezimmern oder in der U‑Bahn sitzen Menschen dicht beieinander, aber jeder für sich allein.
Gespräche finden immer seltener statt, und wenn, dann über ein Mobiltelefon oder ein Tablet, statt mit den realen Personen, die direkt neben ihnen sitzen.
Das Smartphone scheint heute der wichtigste Gesprächspartner zu sein, und man könnte meinen, das menschliche Miteinander sei unwichtig geworden.
Wer braucht schon echten Austausch, wenn man jederzeit Freunde in allen Ecken der Welt erreichen kann?
Doch das wohl kurioseste Beispiel für dieses Verhalten findet sich im Straßenverkehr.
In einer Szene, die geradezu wie eine Satire auf die moderne Zeit wirkt, wird ein junger Mann von der Polizei angehalten, weil er beim Fahren auf sein Handy geschaut hat.
Der Polizist nähert sich ihm und bittet ihn freundlich, das Handy wenigstens jetzt zur Seite zu legen.
Die Antwort des Fahrers: „Nein, ich bin ja sowieso erwischt worden. Jetzt ist es auch egal.“
So dreist und selbstverständlich ist die Haltung mancher, dass es sogar Gesetze und Vorschriften überlagert – eine Unverfrorenheit, die zeigt, wie tief die Sucht nach digitaler Erreichbarkeit bereits verwurzelt ist.
Diese Entwicklung stellt eine erhebliche gesellschaftliche Herausforderung dar.
Die Menschen entwöhnen sich zunehmend der unmittelbaren sozialen Interaktion, sie gewöhnen sich daran, ansprechbar zu sein, ohne wahrzunehmen.
Ein „Ich bin da“, das immer seltener bedeutet, dass man auch wirklich präsent ist.

„Wo ist der Papa?”
Ein Drama in der Tierarztpraxis
Die Tierarztpraxis – ein Ort, der irgendwo zwischen Spannung, Langeweile und Massenhysterie schwebt.
Für die Tiere eine Mischung aus Abenteuerpark und Horrorfilm, für die Menschen eine seltene Gelegenheit, ihre Geduld und Smalltalk-Künste auf die Probe zu stellen.
Doch an diesem Morgen in der Praxis von Dr. Fellfreund (realer Name bekannt) geschah etwas, das selbst die stoischsten Katzen und ihre genervten Besitzer ins Grübeln brachte.
Es begann, wie es oft beginnt …
Ein altes Ehepaar betrat den Raum.
Zwischen ihnen, an einer leuchtend roten Leine, trottete ein mittelgroßer Hund herein – nervös schnüffelnd, die Ohren leicht angelegt.
Seine Rute zuckte, und er warf Blicke voller Misstrauen in alle Ecken des Wartezimmers.
Jeder in der Praxis wusste sofort:
Der hier hat schlechte Erfahrungen mit Metalltischen gemacht.
Das Ehepaar setzte sich mit geübten Bewegungen auf die wartenden Plastikstühle.
Die Frau blätterte pflichtbewusst in einer Illustrierten, als suche sie darin die Lösung aller tiermedizinischen Probleme.
Der Mann hingegen hatte eine andere Strategie.
„Wo ist der Papa?“, fragte er plötzlich und schaute den Hund dabei an, als wäre diese Frage das Nonplusultra der intellektuellen Anregung.
Der Hund, der ohnehin schon nervös war, hielt kurz inne.
Seine Ohren zuckten.
Ein „Papa“?
Wo?
Und wer?
Mit einer Mischung aus Skepsis und Interesse begann er sich umzusehen.
„Wo ist der Papa?“, wiederholte der Mann, diesmal etwas lauter.
Die anderen Wartenden – ein Mix aus gelangweilten Katzenbesitzern, einer Frau mit einem Kaninchen in einer Transportbox und einem Mann, der aussah, als würde sein Jack-Russell-Terrier gleich die Praxis auf den Kopf stellen – richteten sich unwillkürlich auf.
Was war das für eine Methode?
Ein Geheimtrick gegen Hunde-Langeweile?
Eine Form der Tierhypnose?
Doch statt Erleuchtung verbreitete sich in der Praxis eher ein Gefühl von peinlicher Fremdscham.
„Wo ist der Papa?“, fragte der Mann erneut.
Diesmal klang es fast verzweifelt.
Der Hund, mittlerweile überfordert, wedelte hektisch mit der Rute, sprang auf und suchte mit weit aufgerissenen Augen nach dem ominösen „Papa“.
Ein leises Räuspern ging durch das Wartezimmer.
Die Kaninchenbesitzerin kicherte nervös, und selbst die Katze einer älteren Dame schien irritiert, so weit Katzen eben irritiert sein können.
„Vielleicht sollten Sie ihm einfach ein Leckerli geben“, murmelte jemand leise, doch der Mann ließ sich nicht beirren.
Es schien, als hätte er es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den Hund von seiner Existenzkrise zu erlösen.
„Da ist der Papa!“, rief er schließlich, nachdem der Hund vergeblich die Umgebung abgesucht hatte.
Der Hund starrte ihn an, sein Blick ein Mix aus Erleichterung und blankem Unverständnis.
Die Stimmung im Wartezimmer war nun endgültig gekippt.
Die anderen Menschen sahen einander an, tauschten bedeutungsvolle Blicke, und man konnte förmlich hören, wie sie dachten:
Was läuft da bitte falsch?
Doch das Ehepaar störte sich nicht daran.
Der Mann lehnte sich zufrieden zurück, während der Hund immer noch mit halbgeschlossenen Augen über die „Papa“-Debatte nachdachte.
„Der Hund wird sicher bald dran sein“, flüsterte die Frau mit dem Kaninchen. „Ich hoffe, der Arzt untersucht auch den Mann.“

Das Spiegelselfie – eine grandiose Technik, die offenbar eine der größten Errungenschaften der modernen Fotografie darstellt.
Statt den praktischen Frontkameramodus des Handys zu nutzen, der – man mag es kaum glauben – eigens für Selbstporträts entwickelt wurde, entscheiden sich zahlreiche Menschen bewusst dafür, das Smartphone in die Hand zu nehmen, vor einen Spiegel zu treten und ein Bild zu schießen, auf dem mehr Handy und Hände als Gesichter zu sehen sind.
Eine Entscheidung, die tiefere, wohldurchdachte Absichten erahnen lässt.
Zunächst einmal muss man den Mut und die Selbstsicherheit dieser Spiegelselfie-Künstler bewundern.
Schließlich ist die Frontkamera des Smartphones viel zu ehrlich – sie zeigt jedes Detail gnadenlos.
Da bleibt kein Raum für kunstvolle Verschleierung!
Ein clever positioniertes Handy vor dem Gesicht hingegen ermöglicht es, auf eine subtile Art und Weise ein wenig mysteriös zu wirken.
Vielleicht versteckt sich hinter dem dunklen Rechteck ja ein geheimnisvolles Lächeln, ein magischer Blick oder – so der heimliche Verdacht – ein Gesicht, das wir eben nicht zu Gesicht bekommen sollen.
Es könnte sein, dass der Spiegelselfie-Enthusiast gar nicht daran interessiert ist, das volle Antlitz zu präsentieren.
Vielleicht möchte er nur eine Ahnung, einen Hauch von sich selbst preisgeben, und zwar am liebsten nur den halben Mund oder ein Viertel des linken Auges.
Oder, und das ist eine vielversprechende Theorie, vielleicht geht es in Wirklichkeit gar nicht um das Gesicht.
Das Handy – meist eine glänzende, topaktuelle Ausgabe mit all den neuesten Funktionen und in schillerndem Design – wird bei diesem Vorgang plötzlich zum eigentlichen Hauptdarsteller.
Wenn das Smartphone selbst im Bild erscheint, so ist das schließlich auch eine subtile Art der Dekadenz, ein kleines Flüstern in die digitale Welt hinaus: „Schaut her, ich habe das neueste Modell!“
Es ist, als würde das Gerät, das einen beachtlichen Teil des Gesichts verdeckt, mit einem gewissen Stolz präsentiert: „Ja, das hier ist das neueste Power-Handy, und ich habe es tatsächlich in der Hand.“
Man könnte fast glauben, dass das Spiegelselfie nicht etwa die Person abbilden will, sondern vielmehr die Symbiose aus Mensch und High-End-Technologie.
Ein Mensch mit Handy.
Ein Handy mit Mensch.
Möglicherweise fotografiert sich das Handy sich selbst, ein Selfie-Handy-Selfie!
Vielleicht will es nur sagen, dass dies der Mensch ist, der (leider) dazugehört, als Handy-Halterung sozusagen.
Womöglich gibt es auch eine tiefere psychologische Dimension:
Die Hand am Handy schafft Nähe, Vertrauen.
Die klassische Frontkamera hingegen, die frei und distanziert das Gesicht frontal einfängt, könnte ja unpersönlich wirken.
Eine ungeschickte Armhaltung und ein angestrengtes Lächeln beim Versuch, das perfekte Selfie zu schießen, lässt hingegen sofort Authentizität und Bodenständigkeit erahnen.
Doch wie dem auch sei, das Spiegelselfie hat zweifelsohne seinen festen Platz in der digitalen Kultur.
Es bleibt ein Ritual, das uns möglicherweise mehr über den menschlichen Umgang mit Technik erzählt, als es der simple Frontkamera-Klick je könnte.
In einer Welt, die das Gesicht ohnehin schon viel zu ernst nimmt, schenkt uns das Spiegelselfie die Freiheit, uns ein wenig hinter unseren glänzenden Bildschirmen zu verstecken.