
In der modernen Welt hat sich eine eigenartige Sucht breitgemacht: die permanente Erreichbarkeit.
Wer einmal auf das ständige Handy-Geklingel, die aufblinkenden Nachrichten oder die E‑Mails, die im Sekundentakt eintreffen, konditioniert ist, scheint nicht mehr ohne leben zu können.
Diese dauerhafte Verbindung zur digitalen Welt hat jedoch nicht nur den Alltag revolutioniert, sondern auch zu sonderbaren und teils absurden Verhaltensweisen geführt.
Stellen wir uns folgende Szene vor:
Ein Mann steigt ins Taxi, tippt wie selbstverständlich auf seinem Handy herum – oder telefoniert – und murmelt beiläufig „Hackstraße 20, Stuttgart”.
Der Fahrer soll nun wissen, dass dies nicht nur ein Satz ist, sondern die Aufforderung, genau dorthin zu fahren – ohne dass der Mann ihn dabei ansieht oder seinen Blick auch nur einen Augenblick vom Display hebt.
Es scheint, als hätte die Vorstellung, dass man immer online ist, den Kontakt zu realen Menschen entbehrlich gemacht.
Oder wir finden uns in einem Supermarkt wieder, an der Kasse.
Die Kassiererin scannt routiniert die Waren eines Kunden, der währenddessen ein Telefonat führt und sich kaum rührt.
Sie fragt, wie er bezahlen möchte, aber er spricht nur weiter ins Telefon und erwartet dennoch, dass sie irgendwie bemerkt, dass er mit Karte bezahlen will – vermutlich durch die Art, wie er das Portemonnaie in der Hand hält.
Eine wortlose Interaktion, in der jede Kommunikation über Handzeichen und Blicke erfolgt, statt über Worte.
Als würde das reale Leben um ihn herum zum Hintergrundrauschen in einem endlosen Strom digitaler Signale.
In Cafés sieht man Menschen nebeneinander sitzen, jeder in seine eigene digitale Welt vertieft, kaum ein Wort wird gewechselt.
Auf der Straße sieht man Fußgänger, die blindlings mit gesenktem Kopf in ihr Handy starren, selbst wenn sie eine Straße überqueren.
Die Sucht, immer erreichbar zu sein, hat sie ihrer eigenen Wahrnehmung beraubt.
Alles, was jenseits des Handybildschirms existiert, wird als unwichtig, ja sogar störend empfunden.
Dieses Verhalten lässt sich an fast jedem Ort beobachten.
In Arztpraxen, Wartezimmern oder in der U‑Bahn sitzen Menschen dicht beieinander, aber jeder für sich allein.
Gespräche finden immer seltener statt, und wenn, dann über ein Mobiltelefon oder ein Tablet, statt mit den realen Personen, die direkt neben ihnen sitzen.
Das Smartphone scheint heute der wichtigste Gesprächspartner zu sein, und man könnte meinen, das menschliche Miteinander sei unwichtig geworden.
Wer braucht schon echten Austausch, wenn man jederzeit Freunde in allen Ecken der Welt erreichen kann?
Doch das wohl kurioseste Beispiel für dieses Verhalten findet sich im Straßenverkehr.
In einer Szene, die geradezu wie eine Satire auf die moderne Zeit wirkt, wird ein junger Mann von der Polizei angehalten, weil er beim Fahren auf sein Handy geschaut hat.
Der Polizist nähert sich ihm und bittet ihn freundlich, das Handy wenigstens jetzt zur Seite zu legen.
Die Antwort des Fahrers: „Nein, ich bin ja sowieso erwischt worden. Jetzt ist es auch egal.“
So dreist und selbstverständlich ist die Haltung mancher, dass es sogar Gesetze und Vorschriften überlagert – eine Unverfrorenheit, die zeigt, wie tief die Sucht nach digitaler Erreichbarkeit bereits verwurzelt ist.
Diese Entwicklung stellt eine erhebliche gesellschaftliche Herausforderung dar.
Die Menschen entwöhnen sich zunehmend der unmittelbaren sozialen Interaktion, sie gewöhnen sich daran, ansprechbar zu sein, ohne wahrzunehmen.
Ein „Ich bin da“, das immer seltener bedeutet, dass man auch wirklich präsent ist.
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