Die „Sindelfinger Zeitung / Böblinger Zeitung” (SZBZ) hat über unsere Anwesenheit beim Mittelaltermarkt Sindelfingen, 8. – 10. September 2023, berichtet.
Artikel von Isabell Gospodarczyk
Bild von Annette Nüßler
Zur SZBZ geht es hier.
Vielen Dank!

Sindelfingen. Menschen in langen Gewändern und Klänge aus längst vergangenen Jahrhunderten – am zweiten Septemberwochenende wird die Sindelfinger Altstadt ins Mittelalter zurückkatapultiert. Und mittendrin: Dietmar Schneidewind und seine Frau Sabine, gekleidet allerdings im viktorianischen Stil.
Wie das zusammenpasst?
„Ich bin Zeitreisender“, sagt der 58-Jährige aus Böblingen, „ich reise durch die Zeit.“
Dietmar Schneidewind schlüpft auf Veranstaltungen in seine Rolle. Sobald er seine Weste überstreift, ist er der Edelherr von Syntronica. Sein Charakter stammt aus der viktorianischen Zeit. Die Geschichte dahinter: „Eigentlich kommen ich, Edelherr von Syntronica, und meine Frau Sabine, Edelfrau von Syntronica, aus dem Mittelalter. Geboren sind wir im Jahr 1365 und 1367, haben uns dann kennengelernt und geheiratet. An unserem zehnten Hochzeitstag sind wir ausgeritten, kamen in einer Burg in ein Gemetzel. Eine Explosion im Zeitgefüge hat uns das Leben gerettet: Gelandet sind wir im 500 Jahre in der Zukunft liegenden viktorianischen Zeitalter.“
Steampunk: Zahnräder und Zeitmaschine
Das ist das 19. Jahrhundert, genauer: 1867.
Doch nicht so, wie es in Geschichtsbüchern niedergeschrieben ist. Im Universum von Dietmar Schneidewind, oder besser gesagt, Edelherr von Syntronica, sind die Geschichten des französischen Schriftstellers Jules Verne zum Leben erwacht: Autos rollen durch die Straßen, mit Dampf betrieben. Die Mechanik ist überall präsent, mit verschnörkelten Details und vielen Zahnrädern. Auch „Die Zeitmaschine“, das bekannte Buch von H. G. Wells, gehört in dieses Universum. Erfindungen, die es nie gab, kommen auf den Markt. Diese Zeit, die so eigentlich nie existiert hat, nennt sich Steampunk.
Die beiden leben sich gut ein im 19. Jahrhundert, tauschen ihre Kleidung aus dem Mittelalter gegen Frack und glockenartige Kleider. Doch irgendwann packt sie der Gedanke, durch die Zeit zu reisen.
Und das tut das Ehepaar.
Dieses Wochenende reisen sie zurück in ihre eigentliche Zeit, das Mittelalter. Ihre Kleidung bleibt die aus dem 19. Jahrhundert, mit Details wie einer Schutzbrille, die zum Zeitreisen benötigt wird.
Auf dem Mittelaltermarkt in Sindelfingen verkaufen sie Zeitreisen.
Wie das aussieht, erklärt Dietmar Schneidewind, der Chef des Zeitreisebüros „Chrono.Tours“: „Leute kommen zu uns und kaufen eine Zeitreise. Dann stellt man sich vor: Es ist der 5. August 1888. Wir sitzen auf einer Bank zwischen Pforzheim und Mannheim. Und an uns düst Bertha Benz vorbei – der erste Mensch, der eine längere Strecke mit dem Auto zurücklegt. Sie gilt damit als die erste Autofahrerin überhaupt.“
Auf dem Mittelaltermarkt sind Dietmar und Sabine Schneidewind jetzt zum zweiten Mal dabei. Das Ehepaar ist auf Veranstaltungen in ganz Deutschland dabei. „Man kennt uns mittlerweile“, so Dietmar Schneidewind.
Die Menschen reagieren meistens positiv, wenn sie den Edelherrn von Syntronica und seine Frau sehen, erzählt Dietmar Schneidewind: „Wir sind nun mal besonders gekleidet. Darauf sprechen uns die Leute an und sagen: Das ist genial, was wir hier machen.“ Manchmal gibt es aber auch unangenehme Situationen, doch die sind äußerst selten. „Sagen wir mal so: Es gibt immer Neider oder Menschen, die sich aufspielen müssen. Mich beeinflusst das nicht. Ich habe genug Selbstbewusstsein“, so der 58-Jährige.
Journalist und Fotograf im „echten“ Leben
Nach den Veranstaltungen legt er mit seiner Zeitreisenden-Kleidung auch seine Rolle ab. Dann ist er wieder Dietmar Schneidewind. Er ist Fotograf und Journalist.
Bald fängt er in einem Bildungsinstitut in Sindelfingen als IT-Ausbilder an. Denn eigentlich ist er Informatiker.
Der geborene Münsterländer hat in Nordrhein-Westfalen Informatik studiert.
Nach Baden-Württemberg kam er, weil eine Firma in Dettenhausen ihn abgeworben hat.
Nebenbei hat er Journalismus studiert. Einen Hang zum Fotografieren hatte er bereits in der Schulzeit: Dort war er in einer Foto-AG und legte sich mit 14 Jahren seine erste Spiegelreflexkamera zu.
Per Zufall kam er zur Steampunk-Szene.
2017 bat ihn ein DJ, bei einem Event im Schloss Monrepos in Ludwigsburg zu fotografieren. „Das war genial: 150 Leute in viktorianischer Kleidung tummelten sich da. Dafür haben meine Frau und ich uns auch ähnlich angezogen. Dann wurden wir wieder eingeladen – und ich wurde infiziert“, blickt Dietmar Schneidewind zurück.
Und das hält bis heute. Ein Ende ist nicht abzusehen. Die nächste Veranstaltung steht bereits vor der Tür: Im Oktober geht’s zurück in die Römerzeit im Römischen Freilichtmuseum in Hechingen-Stein.
Dietmar Schneidewind kann man auf dem Mittelaltermarkt in der Planiestraße gegenüber vom Röhm antreffen.






Schreibe einen Kommentar